Treppenlauf 2010 - Das Training


Teil 1: Stufiger Weg zurück ins Training
So. Vollbracht. Ich bin wieder im Training. Mehr müsste ich jetzt gar nicht sagen. Aber dann würde ich mich wohl der Kritik aussetzen hier unnütze inhaltsleere Themen zu erstellen. Daher schreibe ich noch ein paar Zeilen. Inhaltsleer wird es aber wohl bleiben. Vielleicht aber nett zu lesen? Wer kann das schon sagen.
Am 5ten Dezember hatte ich mich in den Keller des Südharzes abgeseilt und ein bisschen Marathon gelaufen. Danach bin ich in eine Art Winterstarre verfallen. Zum einen hing mir Laufen echt zu Hals raus. Ist halt nicht mein Sport. Zum anderen zwickte die Achillessehne im linken Huf. Mal mehr mal schlimm. Beides zusammen hielt mich bis gestern davon ab irgendwas zu tun. Auch mal nett. Nicht laufen. Kaum bewegen. Ach das Leben kann so entspannt sein.
Nun habe ich mich aber für ein paar Sachen dieses Jahr angemeldet und auch wenn ich der Meinung bin Training wird überbewertet, so dachte ich mir ein bisschen was sollte ich tun. Als erstes steht die Treppe an. Weinberg und so. Liest Du hier wie es letztes Jahr so war. Ich wollte dieses Jahr gern ein paar mehr Runden schaffen. 100 ist irgendwie wohl doch nur mit Training.. .und das ist ja: siehe oben. Wenn ich dann aber nur auf der Couch rumlunger, dann können auch 70 Runden zwicken und dann noch mehr wollen ist vielleicht vermessen. Also musste ich diese Möbelstück verlassen.
Es galt herauszufinden was noch geht. Ich verfüge ja über eine – selbst durch Couch Aufenthalte kaum zu zerstörende – Grundlagenausdauer. Nennt man wohl so. Also wollte ich – ihr ahnt es schon – nicht langsam beginnen, sondern gleich mal einen echten Test machen.
Angespornt von einem Kollegen der in Kölner Konzernzentralen irgendwelche Treppenhaus Drehwürmer züchtet, suchte ich ein ebensolches auf. Meins nannte sich „Kern Nord“. Unten fängt es mit U2 an. Zieht sich über einige großzügig – sprich mit mehr Deckenhöhe ausgestattete Basisstockwerke – hoch bis zum 13ten Stock. Umgerechnet in die normale Hochhauswelt könnte man von 16 Stockwerken sprechen. In Stufen sind 306. 3 Stunden sollten als Wiedereinstieg reichen. Oder? Was kann man in 3 Stunden schaffen? Keine Ahnung. Aber 20 Runden sollten es auch sein. Mal sehen wie das zusammen geht.
17:45 betrat ich den Kern Nord. Ein schönes Treppenhaus. In 70er Jahre Fluchtweg Design. Fensterlos. Ich will ja laufen und nicht gucken. Weiß an der Wand. In der Mitte grau. Ein Stahlkäfig der ein Klimarohr gefangen hält. Lärm. Weil die Klimageschichte noch läuft. Ein Druck, die Polar läuft. Ich auch. Oder besser ich stapfe zügig. Laufen ist das nicht. Erste Runde 6min. Zu schnell. Zweite 7:30. Besser aber nicht gut. Dritte 9:00. Prima. Das kann ich halten. So war es dann auch. Ich blieb bis zum Schluß zwischen 9:00 und 9:30. Die erste Stunde lief ich trocken. Natürlich ohne Pausen. Es war ja ein Test.
Dann nach einer Stunde bediente ich mich aus dem Rucksack und der Trinkblase. Ein Riegel hier, ein Schluck dort. Ein Kollege steckte seine Rübe ins Treppenhaus. Ein leises Kichern. Ein Erwachsener Mensch, mit Rucksack, in einem Treppenhaus… ja das sind die Highlights der heutigen Bürohochhäuser.
Nach ca. 90min war das Gefühl Waden zu haben übermächtig. Diese komischen Muskelgruppen im unteren Körperbereich haben lautstark Ihre Anwesenheit bekanntgeben. Es wurden Petitionen an irgendwelche „Wadenmuskelrechtsgruppen“ verfasst. Im Kern war es so, dass die Waden gern einen anderen Menschen haben wollten. Einen, der Ihre Schmerzen respektieren würde. Der sich in eine warme Wanne mit Kräutergehopse begibt und sie liebevoll umhegt. Dummerweise war in dem Stahlbeton Treppenhaus kein Empfang und so konnten die Waden Ihre Petitionen nicht absetzen und mussten weiter Ihre Frondienste für den willensstarken Körper verrichten.
Mein Freund Achilles hatte bereits nach der 2ten Runden von mir einen Maulkorberlaß bekommen. Klappe halten und Weitermachen. Ich kann mich ja nicht um jeden hier kümmern. Achilles hat in meinem Leben jetzt keinen Platz mehr. Jede Auseinandersetzung mit diesem ungemütlichen Zeitgenossen würde zu nichts führen. Der sitzt da unten. Jammert. Erzeugt Schmerzreize. Drängt sich in den Vordergrund. Solche eigensinnigen Zeitgenossen kann man einfach nur ignorieren.
Nach 15 Runden blitze in meinem Kopf auf, dass 15 auf gut klingt. Rund. Eine schöne Zahl. Eine die man auch als Abschluß werten könnte. Zum Glück war mein Denkapparat so träge, dass ich schon bei 17 war bevor mir klar wurde, welch super Ausstiegspunkt da gerade an mir vorbeigezogen war. Nun war es ja auch nicht mehr weit. Ich stapfte weiter durch die mittlerweile gespenstische Ruhe des Treppenhauses. Gegen 19:00 hatte die Hausverwaltung die Klimaanlage in den Schlaf geschickt und man konnte jetzt hervorragend für den anstehenden Echo-Hechel-Wettbewerb üben.
Zwischen EG1 und E2 weckte mich – rauf wie runter – die lose Bodenplatte der ersten Stufe. Plöng. Was würde ich ohne diese Plöng gemacht haben. Plöng. Schön das Du wieder hier bist. Plöng. Geht’s noch. Plöng. Sonst bin ich hier so allein…. Ja so ein Plöng hält einen am Leben. Danke Plöng.
Letzte Runde. Es könnte eine 20 Runden 3 Stunden Punktlandung werden. Wurde es auch. 2:59:xx und 20 Runden. Wow. Ich sollte mir einfach mal mehr vornehmen. Nicht immer so relaxte Vorgaben.
Auf jeden Fall bin ich froh, dass noch ein Rest Ausdauer da ist. 6120 Stufen hoch und ebenso viele Runter in 3 Stunden. Ohne eine einzige Pause. Radebeul würde bei 100 Runden 39700 Stufen abfordern. Grob liege ich bei einem 7tel. 7 mal 3 wären 21 Stunden. …Nein ich denke nicht an 100 Runden. Never ever. Ich sehe nur die 70 plus ein bisschen wieder als realistisch an. Vielleicht einfach zurück auf die Couch und entspannt auf die Treppe? Nein. Das kann ich dem Plöng nicht antun. Plöng ich komme wieder. Vielleicht mal für eine echte Trainingseinheit und nicht nur für ein Warm-Up? Wir werden sehen und vermutlich könnte Ihr den Käse dann hier auch wieder lesen. Wenn ihr wollt… Sonst einfach wegdrücken.
Teil 2: Wenn die Waden Trauer Tragen
Episode 1: Full Bottle Jacket, die Runden 1- 10
Das Treppenhaus hat mich wieder. Diesmal ging es auch besser mit dem Wachpersonal. Wenn man erstmal als Mackenbehaftet abgestempelt ist, dann wird beim nächsten Mal nicht mehr so nachgefragt.
Auch die Vorbereitungen liefen diesmal runder. Beim ersten Mal hatte das Umziehen noch den „Ups“ Effekt. Schuhe vergessen. Da im Bistro Panzer einiges an sedimentierenden Altlasten vorhanden ist, fanden sich aber noch Sportschuhe die eigentlich bereits vor langer Zeit Ihren Weg in den Schuhcontainer hätten antreten sollen. Ich sag ja immer: Wer Ordnung hält muss am Ende barfuss laufen. So hatte ich Glück und konnte mit alten Hufschonern den Weg auf die Treppe wagen. Diesmal war auch eine frische Batterie im Brustgurt. Ich konnte also meine Pumpe überwachen.
Wieder hatte ich meinen Rucksack. 4 Liter – weil es ja auch diesmal 4 Stunden werden sollten. Und ca. 1kg Riegel. Ich bin halt ein Kalorien Junkie. Und nein, ich habe nicht über ein Futter Depot entlang der Stufen nachgedacht. Wenn ich hier im Treppenhaus immer munter mein Säcken mit mir rumtrage, dann ja dann wird mir der Weinberg doch sicher so vorkommen als ob ich schwebe. Alles Taktik.
Der Eingang befindet sich auf Ebene 1. Das Plöng war also eines der ersten Geräusche was ich zu hören bekam. Schön. Alles war noch da. Wieder bin ich die erste Stunde ohne Zugriff auf meinen Rücken gelaufen. Das ist immer ein guter Einsteig. Der Körper merkt schon mal: Heute ist wieder Ernst.
Es gibt ja im Treppenhaus nicht viel zu sehen bzw. zu erleben. Aber einiges fällt einem dann doch auf. Um 7 ging ja wieder die Klimaanlage aus. Soweit nichts neues, das dies aber im 7ten Stock in der 7ten Runde passiert, würde dem Esoteriker ja Raum für wilde Spekulationen geben. Mir hingegen war zu diesem Zeitpunkt einfach nur so langweilig, dass ich mich mit solchen Beobachtung vor der völligen geistigen Entleerung retten wollte. Na und es war auch, eine weitere Belanglosigkeit die ich hier vor aller Welt ausbreiten kann. Also nehmt Sie hin diese unnutze Information.
Episode 2: Heiko allein im Treppenhaus, die Runden 11-20
Den Muskeln war noch schlecht von der Ersttat. Da ist wohl einiges an Verspannungen implantiert worden, was in 7 Tagen nicht wieder den Weg nach draußen gefunden hat. Na egal. Verspannte Muskeln sind für bergab auf der Treppe ja ideal. Der Muskel ist hart, man hüpft die Treppe runter und der starre Muskel federt ohne weitere Energiezufuhr ab. Ich laß, dass Kängeruhs deswegen soweit hüpfen können, weil Sie das starre Elastizitätsmodul Ihre Sehnen nutzen. So bewegungslos wie meine Muskeln dar rumgelungert haben, waren das quasi schon fast Sehnen. Bergab ging also gut. Kontrolliertes stolpern. Einmal nur, da wäre ich aus dem Stolpern fast nicht mehr raus gekommen. Dann hätte diese Episode „Easy Glider“ heißen müssen. Ausgang ungewiss. Ist aber noch mal gut gegangen.
In diesem Rundenpaket habe ich mich damit über Wasser – äh besser: auf der Treppe – gehalten, dass ich die Zeiten beobachtet habe. Das lief trotz diverser Zipperlein doch erstaunlich gut. Ich war weitestgehend sub 9min unterwegs. Erstaunlich. Sollte eine Einheit schon solchen Trainingseffekt haben? Padauz. 40 Plöngs später hatte ich wieder die 20 Runden abgestolpert. Nicht in 3 Stunden, sondern in 2:54 hinter mich gebracht. 6 min schneller. Gut prozentual ist das jetzt nicht die Welt, aber ich war doch sehr, sehr stolz auf mich. Dumm nur, dass ich jetzt nicht anhalten und das Treppenhaus verlassen konnte. Mein Plan war ja ein anderer. Es ging weiter. Und da war die Frage… ob sich das flotte Tempo vielleicht doch rächen würde?
Auf jeden Fall hatte ich jetzt auch einen externen Zeitmesser. Irgendwann machte es plopp und das Licht war aus. Zum Glück hatte ich ja meinen Trailrucksack an und an dem befand sich eine Lampe. Ich lief also ein bisschen im dunkeln. Hin und wieder drückte ich das Licht des Treppenhauses an. Ich hatte dann 5 Minuten Licht. So konnte ich die Runden timen.
Episode 3: Wenn die Waden Trauer tragen, die Runden 21-26
Rauf fing so nach 20 Runden doch an mühselig zu werden. Zumal ja 6 – in Worten sechs – Fahrstühle nur ca. 7m entfernt drauf warteten die Aufgabe schneller und ohne körperlich Belastung erfüllen zu können. Aber gründliche Recherchen hatten ergeben, dass es im Weinberg auch in diesem Jahr weder Fahrstuhl noch Rolltreppe geben würde, ich musste also dort wie hier einfach meine eigene Apparatur nutzen. Und eben diese murrte rum. Wohl auch, weil das Ambiente einfach nicht anheimelnder wurde je länger man drin war. Gut, niemand hatte wahrscheinlich damit gerechnet, dass irgendjemand hier mal derartig lange rumrennen würde. Der Plan war ja eher, dass Horden von Menschen in Todesangst abwärts kegeln würden. Dabei wird der Wandgestaltung in der Regel wenig bis keine Aufmerksamkeit geschenkt. Heute brannte die Hütte nicht und ich war nicht in Panik. Daher schenkte ich dem Ambiente Aufmerksamkeit. Ein Fehler. Selbst intensive Betrachtungen der Wände zeigten nur, dass vermutlich auch die Kellenstriche der Mauerer sich nie wiederholen. Einmal dachte ich, dass ich ein Muster auf Etage 6 bereits in U2 gesehen hätte. 4 Runden später war klar, ich hatte mich getäuscht.
Nachdem ich also den Putz inspiziert hatte, versuchte ich mich in der Analyse der Stufen. Das kam meiner mittlerweile sehr gebeugten Haltung auch stark entgegen. Den Blick noch auf die Wand zu richten hätte die Rückenmuskulatur final erledigt. So war Kollege Rundrücken und ein hängen in den Körpereigenen Bänder die bessere Wahl. Wenn es nicht preislich utopisch wäre, würde ich ja meinen, die hätten hier schwarzen Marmor verlegt. Ich würde wohl mal etwas aus einer Stufe pokkern müssen um es zu analysieren. Gebaut wurde die Hütte ja von einem Mineralöler, aber war nicht in den 70igern die Ölkrise. Hätten die da das Geld für Marmor im Fluchtweg gehabt? Wer weiß. Nett jedenfalls ist die Gummilippe am Rand der Stufe. Fraglich ob die wohl Russfrei brennt. Aber das war jetzt gar nicht so wichtig. Schön an dieser Gummilippe ist, dass der mittlerweile arg trittunsichere Sportler durch die Lippe immer wieder einem unkontrollierten Einwirken der Schwerkraft entzogen wurde. Ohne sie wäre ich wohl oft in einen stolper Tango verfallen. Und ob man da immer heil rauskommt?
Das Plöng hatte zwischenzeitlich etwas gemurrt. War wohl eifersüchtig auf den Wandputz. Ist ja auch unfair, dass mein Interesse so flatterthaft ist. Jetzt war ich wieder beim Plöng. Das Plöng war abwärts das Zeichen für „abbeißen“ dann bis EG kauen, abbeißen und bis U2 kauen. Umkehren. Riegel verstauen. Von U2 bis EG trinken. Und frisch gestärkt bis E13 durchmachen. Rituale sind wichtig um die Eintönigkeit der Treppenhausgefangenschaft erträglich zu machen. Vielleicht nehme ich nächstes mal einen Edding mit. So eine Strichliste ala Monte Christo… ja das werde ich machen.
Plöng und Riegel konnten mich aber leider nicht genug in Trance versetzen, um meinen körperlichen Verfall zu überdecken. Nein, es war nicht plötzlich Runde 28 oder 29 war. Kein Wow Effekt. In dieser Episode musste ich mir jede Runde erkämpfen. Ab 21 kam der – im wahrsten Worte des Sinnes – stufenweise Zusammenbruch. Sollte ich doch den Fahrstuhl des Grauens aufsuchen und dem ganzen ein Ende setzen? Besser wär das wohl gewesen. Ich machte aber weiter. Irgendwann hatte ich dann 25 Runden, fühlte mich aber wirklich sehr, sehr schlecht. Es waren jetzt 3:45 die ich rumgelungert hatte. 4 Stunden sollten es doch aber mindestens werden. Im Prinzip sogar länger, weil ich auch 30 Runden angepeilt hatte. Na, 30 Runden hätten mich wohl ins Grab gebracht. Aber 4 Stunden, die bekomme ich doch wohl noch voll. Also weiter. Die letzte Runde. Die 26te. Die hat mir gezeigt: Hier ist definitiv Schluß. Ich hatte bis hier keine einzige Pause gemacht, mich nur aus dem Rucksack verpflegt. War ständig in Bewegung. Hätte ich weitermachen wollen, eine Pause wäre das mindeste gewesen. Aber ich beschloss es dann doch mit 4 Stunden Drehwumzucht auch gut sein zu lassen. Allmählich konnte ich mich daher mit der Frage beschäftigen, wie ich diesen final verkrümmten Körper mit den zu Stein gewordenen Muskeln in den Bistro Panzer würde hieven können. Ich hätte dien Panzer auf Handgas und -bremse umrüsten sollen. Mit diesen Gehwerkzeugen ist eine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zumindest mal fahrlässig. Ich versuchte in den letzten Abstieg soviel Lockerungsübungen einzubauen wie möglich. Vermutlich hätte spätestens dieser Anblick zu einer sofortigen Entfernung meiner Person aus dem öffentlichen Leben geführt, wenn, ja wenn es hier eine Webcam gegeben hätte. Was zum Glück nicht der Fall war.
Ich kam dann irgendwie zu Hause an. Entfernte den Schweiß von meinem Körper. Führte noch einiges an Flüssigkeit zu und fiel ins Bett. Normal falle ich dann sofort in Komatösen Schlaf. Nicht so nach dieser Einheit. Ich fühlte mich fiebrig. Und es dauerte nicht lange, da schüttelten Wadenkrämpfe den ohnehin bewegungsunfähigen Körper. Eine Nacht zum wegwerfen. Heute hingegen geht es soweit gut. Die linke Wade trägt noch trauer. Wüßte ich es nicht besser, ich würde behaupten, dass Ding ist noch im Körper versteinert. Die recht hingegen grinst immer nach links rüber und ruft gemeine Sachen. Loser Wade und so. Keine Liebe unter den Waden.
Klar ist aber: Ich werde dieses Treppenhaus erneut aufsuchen müssen. Radebeul hat mehr zu bieten als lächerliche 4 Stunden und somit ist klar: Trainingsziel muß sein, dieses Treppenhaus irgendwann nach 6 Stunden erhobenen Hauptes mit einem lächeln auf den Lippen verlassen zu können. Ehrgeiziger Plan für die nächsten 4 Wochen.
Teil 3: Treppentempo gefunden Au weia. Das ich schlecht trainiere ist ja eh bekannt. Das ist so miserabel vorbereitet bin wie derzeit für den Treppenlauf, dass schockiert selbst mich. 70km bin ich dieses Jahr gelaufen und mit gestern war ich 4mal auf der Treppe zum üben. Das ist selbst für mich der blanke Horror. Wenn nicht die Einheit gestern recht rund gelaufen wäre, dann wäre jetzt der Zeitpunkt um doch mal über ein DNS nachzudenken. Aber mal im Ernst, das wäre nicht fair gegenüber all denen, die auf einen weiteren „Ich war nicht vorbereitet, aber es hat Spaß gemacht“ Bericht warten, oder?
Und wie gesagt, es lief gestern recht gut. Meine Treppe hat ja knapp 300 Stufen verteilt auf 16 Stockwerke und ich hatte mir gesagt: Wenn Du da nicht 30 Runden locker laufen kannst, dann ist der Weinberg nichts für Dich.
Durch die 3 vorherigen Einheiten (20 Runden in 3 Stunden, 26 Runden in 4 Stunden, 20 Runden in 2:32) hatte ich ein bisschen ein Gefühl für „was geht“ gewonnen. Ich meinte 9min pro Runde müssten ein Wert sein den ich lange halten könnte.
Also ging es los. Diesmal ohne Rucksack. Ich hatte mir oben am Versorgungsschacht für den Fahrstuhl ein Verpflegungsdepot angelegt. Ich fand schnell ein Tempo von dem ich annahm es müsste auf 9min/Runde hinauslaufen. Es waren 8:30. Gut, so kann das bleiben.
Ich schrieb ja schon, dass dieses Treppenhaus alles andere als spannend ist. Und jetzt beim 4ten längeren Aufenthalt zerrte es schon gehörig am Sehnerv. Ich glaube man müsste den Leuten mal klar machen, dass die Nottreppenhäuser durchaus auch für andere Dinge als die Flucht genutzt werden und das man sie etwas ansprechender gestalten sollte. Seit hier im Haus Rauchverbot herrscht, scheint der eine oder andere Zeitgenosse dort zum rauchen zu gehen. Gut, hätte er das während meines Trainings versucht hätte es natürlich mächtig mecker gegeben, so zeugten nur die Kippen auf der Treppe davon. Raucher sind eben gründliche Menschen. Die Kippe muß ja aus sein. Also auf den Boden und platt treten. Danach ist die natürlich so ekelig, dass man sie besser liegen lässt. Nee, kann ich schon verstehen.
Aber es ist wie es ist. Weder die Nikotionverwerter noch die Treppentrainier haben wohl eine Lobby die bewirken kann dort nette Bilder an die Wand zu malen. Auch von meinen Kollegen – die immerhin zu der Zeit Band-Probe hatten – kam niemand um mich anzufeuern. Blödes Gesindel. Ich war also allein.
Und das Grübeln über mögliche Verschönerungen und die bösen Worte an die nicht unterstützenden Kollegen, hatten mich so gefesselt das schwubs die ersten 10 Runden vorbei waren. Ich stand gut im Saft und das obwohl zu dieser Zeit noch die Klimaanlage lief. Und eigentlich fühlten sich die 10 Runden an wie: Klasse das ging doch und jetzt unter die Dusche. Ich wollte ja aber mehr. Und es immer wieder gefährlich sich dann zu sagen: 1/3 haste ja schon. Jeder an der Fortbewegung beteiligte Muskel hüpft dann neugierig nach vor und schreit: Wie 1/3? Du machst wohl Witze. Ich will meine Ruhe. Setzt Dich hin Du Schmock und guck fern. Laß diesen Treppenhauswitz ziehn und benimm Dich wie Millionen anderer. Ich bin ja bekanntermaßen intolerant gegenüber den Mitbestimmungsrechten von Muskeln und so hab ich denen kurz was über diie Unterschiede von Demokratie und Diktatur erklärt. Dann folgte der Hinweis, dass es sich hier um eine Diktatur des Willens handelt und dieser Wille hatte zudem einen Plan und der hieß „Dreißig“. Also weiter.
19:00 Die Klimaanlage ging aus. Prima. Das hatten die also doch wieder hinbekommen. Neulich ging die schon um 18:00 aus. Sommerzeit und Klimaschaltschränke sind eben nicht per se kompatibel. Jetzt war wieder alles im Lot. Es sind die Kleinigkeiten, die den Treppenläufer am Leben halten.
Ich lief jetzt zwischen 8:45 und 9:05. Alles gut. Ich war im Soll. 20 Runden erreichte ich und war immer noch so unterwegs wie geplant. Stolz bereite sich aus und verdrängte kurz die Drehwurmlangeweile die sich vorher ausgebreitet hatte.
Auf zu den letzten 10 Runden. Bei dem Tempo waren das lächerliche 90min. Oder eine Doppelstunde. Ach wie lang ist doch die Schule schon Geschichte. Ah Klasse, ein Thema. Ich zog also alte Schubladen auf. Guckte mir Erinnerungen aus der Schule an und fragte mich was die wohl sagen würden, könnten die mich jetzt so sehen. Zum Glück blieb diese Fragen unbeantwortet. Wäre nichts gutes bei rumgekommen. Das Thema Schule hielt so bis Runde 25. Dann kam schon die Freude auf das baldige Ende der Drehwurmzüchterei auf. Das motivierte doch enorm. Ich könnte mein stufiges Gefängnis verlassen. Frische Luft zu mir nehmen. Dem flackern der Neonlampen entkommen. 26. Das Ziel ist greifbar. 27. Jetzt bloß nicht stolpern. Immerhin geht Freund Neon jetzt regelmäßig alle 5min schlafen und will per Schalter wieder geweckt werden. 28. Wow. 29. Entspurt und noch schnell das Essdepot in die Tasche gestopft. Mit Tasche runter. Tasche bei E1 ans Geländer. Eine letztes Mal zum U2. Bremsen. Die Treppe ist zu Ende. Wenden. U2- U1 – EG – E1 FERTIG. Wer sich jetzt wundert war halt noch nie in der City Nord. Ausgang ist auf Ebene 1. Weil ja die Fußgänger alle Gebäude der City Nord auf Brücken erreichen. 70er Jahre Architektur.
4:27 für 30 Runden. 480 Stockwerke. Ca. 8800 Stufen a 18cm. Und ich konnte noch gehen. Ich war nicht am Ende meiner Kräfte – naja, außer der mentalen, ich musste da definitiv raus. Treppe ich komme. 70 Runden Radebeul in 24 Stunden. Scheinen machbar. Und ich weiß schon jetzt: Wenn ich das da hinbekomme, wird meine Trainingsmoral noch weiter sinken. Horror.